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Das Osttiroler Wildhendl vom Häusleithof Girstmair

Delikatesse

Der Häusleithof Girstmair in Patriasdorf ist ein Paradebeispiel dafür, wie traditionelle Landwirtschaft mit modernen, nachhaltigen Ansätzen harmoniert. Im Gespräch mit Michael Girstmair erfahren wir mehr über das berühmte „Osttiroler Wildhendl“ und wie Nachhaltigkeit und Tierwohl am Hof täglich gelebt werden.

Vater und Sohn halten zwei Wildhendl in der Hand und lachen in die Kamera

So schmeckt Osttirol

Unsere regionalen Lieferanten

Qualität, Regionalität und Saisonalität werden bei uns das ganze Jahr über groß geschrieben. Winklers Osttirol ist Mitglied im Netzwerk der Nationalpark Partner Betriebe Osttirol. Damit verpflichten wir uns freiwillig, unseren ökologischen Fußabdruck in allen Prozessen zu reduzieren. Wir arbeiten mit Lieferanten und Partnern zusammen, die wir persönlich kennen und die wie wir großen Wert auf Umweltverträglichkeit und Tierwohl legen. Gerade jetzt im Herbst schöpfen Küchenchef Robert Lang und sein Team aus der Fülle der Region und veredeln die Osttiroler Rohstoffe zu hervorragenden Schmankerln.

So kommt der Käse vom Figerhof aus Kals und vom Jakoberhof aus Matrei, der Almmozzarella von der Familie Vergeiner. Die Vegetarier freuen sich über Schlipfkrapfen von Gaumenschmaus / Lydia Nöckler, Fisch vom Zankl - der als einziger nicht aus Osttirol kommt - Kaspar Erdäpfel, Brot ausschließlich vom Biobäcker Joast und Robert‘s Kürbisgerichte mit Kürbis vom Unterbrunner in Patriasdorf.

Das Wildhendl vom Häusleit / Girstmair ist aus den Speisekarten beider Häuser nicht mehr wegzudenken. Der Häusleithof liegt nur wenige Gehminuten vom Moarhof entfernt und wird seit 1994 von Leo, seiner Frau Andrea und den drei Kindern Claudia, Michael und Fabian im Nebenerwerb bewirtschaftet. Um mehr über die Grundsätze und die tägliche Arbeit am Häusleithof zu erfahren, haben wir uns mit Sohn Michael getroffen, der uns einen exklusiven Einblick in den Betrieb gewährt.

Außenansicht von einem landwirtschaftlichem Hof

Michael Girstmair im Interview

Unser Besuch am Häusleithof

Kannst du uns zu Beginn erzählen, wie ein typischer Tag bei euch am Hof aussieht? Welche Rolle spielt deine Familie bei der Bewirtschaftung und wie sind die Aufgaben verteilt?

„Mein Papa ist Lehrer an der LLA, ich bin Vollzeit beim Maschinenring, außerhalb arbeiten wir beide am Hof. Um die Rinder und Schweine kümmern sich mein Papa Leo und ich gemeinsam. Die Puten betreut hauptsächlich mein Papa, die Osttiroler Wildhendln hab‘ ich über. Wir halten Puten jetzt seit fast 30 Jahren und die Hühner seit etwa 10 Jahren - immer in kleinen Stückzahlen, weil uns das Wohl der Tiere am wichtigsten ist. Bei der Feldarbeit und dem Rest, der so anfällt, packen wir alle gemeinsam an. Meine Mutter kümmert sich um die Direktvermarktung und auch mein Bruder Fabian hilft mit. So bringen wir das alles gut unter einen Hut.“

Mann steht vor einem Putenstall
Viele weiße Puten auf einer grünen Wiese

Du hast dich auf die Mast des ‚Osttiroler Wildhendls‘ spezialisiert.
Woher kam die Idee? Was macht das Wildhendl so besonders?

„Die Idee kam mir während meines Praktikums in Nordtirol, das ich von der LLA aus bei einem Metzger gemacht habe. Dort haben sie Mastgeflügel gehalten, das fand ich interessant, weil wir am Hof ja auch Puten haben. Ich habe mich dann aber bewusst für die Wildhendln entschieden. Die brauchen länger als normale Hühner, etwa zehn bis 12 Wochen, bis sie schlachtreif sind, während normale Masthühner oft schon nach vier bis fünf Wochen geschlachtet werden."

Mich interessieren das schnelle Wachstum und die reine Massenproduktion nicht. Mir geht es um Tierwohl und Qualität.

Michael Girstmair

"Die Wildhendln haben bei uns jeden Tag Auslauf, das ist mir besonders wichtig. Deshalb haben wir auch nur von März bis Ende Oktober Hühner, denn im Winter könnten sie nicht raus, und das kommt für mich nicht in Frage. Massentierhaltung passt nicht zu unseren Grundsätzen, bei uns steht das Wohl der Tiere an erster Stelle."

Viele Wildhendl in einem Freistall

"Seit zehn Jahren mache ich das jetzt schon mit den Osttiroler Wildhendln. Angefangen habe ich mit ca. 30 Stück, und im Laufe der Zeit hat sich das dann gesteigert. Jeden Monat hole ich neue Wildhendln. Die kommen aus Schlierbach in Oberösterreich. Von dort beziehen wir übrigens auch unsere Puten. Das Futter für die Hühner und Puten produzieren wir zu einem Drittel selbst, die restlichen zwei Drittel kaufen wir zu."

Saisonalität, Tierwohl und Nachhaltigkeit werden bei euch am Hof groß geschrieben. War das schon immer ein Prinzip, das seit vielen Generationen am Häusleithof gelebt wird, oder habt ihr den Grundstein dafür gelegt?

„Nachhaltigkeit und Tierwohl waren für uns als kleinstrukturierter Betrieb schon immer wichtig. Wir legen großen Wert darauf, das gesamte Tier zu verwerten. Während dieses Thema heute viel diskutiert wird, machen wir das am Häusleithof aber schon lange so. Wir schlachten erst, wenn wir genügend Bestellungen haben, deshalb gibt es bei uns Fleisch nur auf Vorbestellung und ausschließlich in Mischpaketen. So stellen wir sicher, dass nichts verschwendet wird.“

Viele Wildhühner befinden sich in einem offenen Stall

Wo vertreibt ihr eure Produkte?

„Ein Teil unserer Wildhendln geht an den Spar in Dölsach, und der Ackererhof aus Patriasdorf verkauft unsere Wildhendln und Räucherprodukte regelmäßig auf dem Stadtmarkt in Lienz. Seit Corona haben wir zusätzlich einen kleinen Hofladen, den wir als Selbstbedienungsladen führen. Frischfleisch gibt es wie gesagt nur auf Vorbestellung, damit das ganze Tier verwertet wird. Unsere Puten und das Rindfleisch verkaufen wir fast ausschließlich privat, nur ein kleiner Teil geht an Gasthäuser. Beim Hendl ist es so, dass etwa zwei Drittel an Gasthäuser gehen und ein Drittel an Privatkunden.“

Hoflanden mit Selbstbedienung mit frischen Produkten an einer Hauswand
Selbstbedienung Hofladen vor einem Stall

Michi, du hast den Modullehrberuf Elektrotechnik mit der Spezialisierung ‚Erneuerbare Energien‘ abgeschlossen. Wie bist du dazu gekommen und wie beeinflussen deine Ausbildung und Arbeit in diesem Bereich die täglichen Abläufe am Hof?

„Wir haben seit 2010 eine Photovoltaikanlage am Hof, und auch eine Warmwasser-Solaranlage, die Idee dazu kam von meinem Papa Leo. Dadurch bin ich eigentlich überhaupt erst auf die Idee gekommen, Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt erneuerbare Energien zu lernen.“

Ihr produziert energieautark. Kannst du uns erklären, wie das funktioniert und welche Vorteile & auch Herausforderungen das für den Hof mit sich bringt?

„Für den laufenden Betrieb gibt es eigentlich keine Nachteile, nur Vorteile. Unsere Photovoltaikanlage und die Warmwasser-Solaranlage laufen. Wir sparen Geld und leisten gleichzeitig einen Beitrag zur Umwelt. Es ist einfach eine positive Sache, die es uns ermöglicht, nachhaltiger zu arbeiten und unabhängig von externen Energielieferungen zu sein.“

Wie organisiert ihr die Schlachtung der Tiere?

„Das Geflügel wird direkt bei uns am Hof geschlachtet, die Rinder in der LLA, aber auch dort von meinem Papa Leo. Bei den Wildhendln mache alles ich – von der Zucht über die Schlachtung und Verarbeitung bis zur Auslieferung. Heute bringe ich eh noch frische Osttiroler Wildhendln zum Moarhof.“

Außenansicht Eingangsbereich vom Winklers Moarhof Hotel

Wie empfindest du die emotionale Bindung zu den Tieren, die du aufziehst? Gibt es Momente, in denen du das Gefühl hast, dass die Nähe zu den Tieren deine Arbeit erschwert oder bereichert?

„Es besteht bei allen Tieren eine emotionale Bindung, nur bei den Hühnern weniger, da sie nur ca. 2,5 Monate am Betrieb bleiben und zudem noch Fluchttiere sind. Man muss die Schlachtung einfach als einen Teil des gesamten Prozesses sehen, und wenn man sie selbst macht, weiß man auch, dass die Schlachtung richtig und stressfrei für die Tiere abläuft.“

Mann steht im Freigehege der Wildhendln
Mann hält Wildhuhn in der Hand

Was sind eure Pläne und Hoffnungen für die nächsten Jahre auf dem Hof? Michi, kannst du dir vorstellen, den Hof einmal zu übernehmen? Sind neue Projekte / Innovationen geplant?

„Ja, ich werde in etwa zwei Jahren, wenn mein Papa in Pension geht, den Hof übernehmen. Das Thema ist aber natürlich jetzt schon im Gespräch. Hinter einer Hofübergabe steckt viel, das ist alles nicht so einfach. Ideen hab‘ ich viele, aber die Umsetzung ist oft schwierig, vor allem finanziell. Die Direktvermarktung bleibt auf jeden Fall bestehen und vielleicht kommt noch ein anderer Betriebszweig dazu.“

Wie verbindest du die alten Traditionen am Häusleithof mit modernen Anforderungen und Techniken? Gibt es Traditionen, die dir besonders wichtig sind, und wie passt du sie an die heutigen Gegebenheiten an?

„Wir setzen auf Regionalität und Saisonalität, und der Betrieb soll klein bleiben. Wir möchten eine direkt ab Hof vermarktete, klein strukturierte Landwirtschaft beibehalten. Ich sehe, dass viele Betriebe in die Hochzucht verfallen, und das kommt für mich nicht in Frage. Große Dimensionen sind einfach nichts für mich. Die Qualität unserer Produkte muss stimmen, und ich möchte auch das Familienleben irgendwann nicht vernachlässigen müssen. Es ist oft eine Herausforderung, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bringen, vor allem in der heutigen Zeit. Aber ich bin überzeugt, dass es Wege und Lösungen gibt, alles unter einen Hut zu bringen.“

Ich finde, dass Tierwohl und der Spaß an der Arbeit an erster Stelle stehen sollten, und es ist wichtig, dass alle zufrieden sind. Das ist Landwirtschaft für mich.

Michael Girstmair

Mann steht erledigt Feldarbeit und stellt einen Elektro Zaun auf

Wie siehst du die Zukunft von Familienbetrieben wie eurem?

„Ich denke, dass man die Dinge selbst in die Hand nehmen muss. Kreativität und Flexibilität sind entscheidend. Das oft veraltete, enge Bauerndenken muss weg. Ich versuche, neue Wege zu finden. Für mich ist es wichtig, mehrere Standbeine zu haben – sei es Erdäpfel, Speck, Wildfleisch, Würstel oder unsere Puten und Hennen. Im Herbst bieten wir auch Weintrauben, Äpfel, Birnen und Kürbisse an. Auch Nischenprodukte, wie unser Wildhendl, sind wichtig. Ein reiner Rinderbetrieb würde nicht funktionieren. Außerdem geht‘s darum, sich in der Direktvermarkung eine eigene Marke aufzubauen. Mal das eine und dann das andere geht nicht. Es braucht einfach eine gewisse Beständigkeit.“

Die Kunst schwingt bei euch mit – kannst du uns mehr darüber erzählen?

Ja, meine Mama Andrea macht seit 2008 Kunst. Malen und Fotografie sind ihre Leidenschaft - damit ist sie inzwischen auch international unterwegs. Die nächste Ausstellung ist am 20. November in Fügen.

Kuh auf Weide mit einem kleinen Buben bei hohem Gras

Beim Besuch des Häusleithofs Girstmair wird sofort deutlich, dass Tierwohl und Nachhaltigkeit hier keine leeren Schlagworte sind, sondern in jeder Ecke gelebt werden. Die Familie bleibt ihren Werten treu, ganz bewusst. Es ist das Wohl der Tiere, das zählt. Qualität und ein verantwortungsvoller Umgang mit der Natur. Der Spaß an der Arbeit. Das Wohl aller. Die Familie setzt nicht auf Wachstum und Größe, sondern auf Authentizität und Bodenständigkeit. Die Tiere am Hof leben friedlich und sind aufgeweckt, was eindrucksvoll für die artgerechte Haltung spricht. Diese Erfahrung durfte ich hautnah miterleben, als Michael mich mitnahm, um den Tieren ihren täglichen Auslauf zu geben. Die Verbundenheit zur Tradition ist tief verwurzelt, und dennoch wird mit innovativem und kreativem Blick in die Zukunft gewirtschaftet. Genau diese Balance macht den Häusleithof zu einem besonderen Ort, der zeigt, wie nachhaltige Landwirtschaft funktionieren kann.